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 + ~~DISCUSSION~~  
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 + ~~NOTOC~~
 + <html><postdate></html>16.03.2012 16:45:00<html></postdate></html>
 + ====== Kunst, Künstler, Kultur  und (k)eine Perspektive ======
 + <html><p><img alt="" border="0" src="http://files.vehtoh.de/2012/20120316_iceland.jpg" title="" />&nbsp;Ich habe&nbsp;<a href="http://www.zeit.de/2012/12/Urheberrechtsdebatte/komplettansicht">diesen Artikel</a>&nbsp;in der Zeit gelesen. Darüber was Kunst und Kultur sind, was sie waren und wie sich Kunst- und Kulturschaffen in den letzten tausend Jahren geändert haben. Darin taucht unter anderem dieser zwar romatisiernde Satz auf:</p><blockquote><p>&quot;Von der Antike übers christliche Mittelalter bis hin zum Barock war der Künstler Teil einer Gemeinde, deren Selbstverständnis er in seinen Werken ausdrückte und die im Gegenzug sein Auskommen sicherte.&quot;</p></blockquote><p>Aber hey, es geht um Kunst. Wenn man da nicht romantisieren darf, wo sonst?!</p><p>Mal ganz abgesehen davon, wieviel realitätsferne Romantik darin steckt, beschreibt dieser Satz doch das ureigenste Verständnis von Kunst als Auseinandersetzung mit dem Jetzt, mit Gesellschaft, ihren Werten, Normen und mit ihren Fragen. Nur ist es im Moment (und der dauert schon eine Weile an) so, dass Kunst und Kultur in einer abhängigen Weise in der Gesellschaft etabliert sind, die ihnen zunehmend die Möglichkeit raubt, sich (im romantischsten Sinne) frei mit eben dieser Gesellschaft auseinander zu setzen. Nicht nur, dass das ohnehin ein schwieriges, weil meta-meta-abhängiges Unterfangen ist. Nein, das aktuelle Vergütungs- und Finanzierungssystem untergräbt immer weiter Kulturschaffende und Kulturräume.</p><p>Ein marktwirtschaftliches Interesse an Kultur ist nur da gegeben, wo unterm Strich mehr rauskommt als investiert wird. Es gibt zwar immer noch Menschen, die aus Idealismus (oder Dummheit? - ich hoffe nicht) Konzerte wie das von&nbsp;<a href="http://www.archive.org/details/AriHest">Ari Hest</a>&nbsp;neulich in der&nbsp;<a href="http://www.groovestation.de/">GrooveStation</a>&nbsp;veranstalten, anstatt ein wesentlich lukrativeres, weiteres Publik-Tatort-Viewing anzubieten, aber sowas ist eher die Ausnahme. Die Regel ist, dass Budgets von (kleinen) Theatern und Bibliotheken reduziert werden. Speziell in&nbsp;<strike>ländlichen</strike>&nbsp;strukturschwachen Regionen scheint das gerade dramatische Ausmaße anzunehmen.</p><p>Wie das zusammenhängt, wo doch Veranstalter wie die GrooveStation ein privat(wirtschaftliches) Unternehmen darstellen, öffentlich geförderte Einrichtungen wie Theater oder Bibliotheken doch gerade nicht? Nun, genau so: Kultur und das Interesse dafür lernt man wie die meisten Dinge, um die man sich nicht wirklich kümmern müsste, weil es ja ausreichen würde, sich eine halbe Stunde am Tag zu bewegen und ansonsten genügend Futter und Fernsehen neben dem Sofa vorzufinden - man lernt sie durch ausprobieren. Durch die Möglichkeit sich, ohne zunächst größere Summen an Zeit, Geld und Aufwand dafür investieren zu müssen, das Ganze mal anschauen zu können.</p><p>Dabei ist es dieser geförderte, öffentliche Teil der Kultur, der den Grundstock für ein weitergendes Beschäftigen mit Kunst (und vermutlich sogar prinzipiell mit &quot;Über-den-eigenen-Tellerrand-hinaus-schauen&quot;) legt. Öffentliche Förderung von Kultur ist eine Investition in das Interesse an Neuem. Unsere Einzige Chance. Unser einziger, wirklich nachhaltig nachwachsender Rohstoff - zumindest theoretisch.</p><p>Und was passiert. Auch dieser Teil öffentlicher Verantwortung wird dem Züchten von Konsumzombies und dem maximieren von momentorientiertem Gewinnstreben geopfert. Neben der Tatsache, dass sich die &quot;öffentliche Verantwortung&quot; in Gänze damit ein Stück mehr selbst abschafft, legt sie gleichzeitig weiter Pflasterstein neben Pflasterstein auf den Weg der gesellschaftlichen Entzweiung. Und viele merken wieder nicht was gescieht, weil sie es sich ja noch leisten können. Weniger vielleicht aber es geht. Mindestens können sie es sich aber noch leisten, ausreichend Lücken im System zu finden, Rechtsanwälte punktuell zu bezahlen, ein Film-Download zuhause, eine Kopie eines Kinderliedtextes auf der Arbeit. Es geht halt immer noch. &quot;Irgendwie geht&acute;s halt immer&quot;.</p><p>Ja, es ist nicht die oder der Einzelne, der das ändert. Das gelingt gerade in einer kulturell so freien Epoche, wie wir sie gerade erleben nicht. Dazu ist die Reicheite einzelner viel zu gering. Die Streung und das Rauschen drum herum viel zu groß. Was aber gelingen kann (und ich würde mir vermutlich extra einen Tag zum Lachen frei nehmen, wenn das eintritt), dass die Reichweitenkontrolleure, ISPs, die, die dieses Internet(TM) in Dein WLAN legen, dass diese Schlüsselwächter einfach mal sagen: &quot;Uns reicht&#39;s!&quot;</p><p>Nicht das Google und co so etwas aus Menschlichkeit oder Zukunftsvertrauen täten oder wenn sie es deshalb täten, dass man es ihnen glauben würde. Aber letztlich würde das auch an meiner überdeutlichen Erheiterung genau garnichts ändern. Wenn Google die Verlage, die Rechteverwerter und die Majorlabels aus ihren Indizies entfernt, vergeht keine Woche, bis die Content-Allianz bei jedem von euch klingelt und um Entschuldigung bettel. Euch eine CD eurer Lieblingsband in der Briefkasten tut und eine schriftiche Erklärung beilegt, dass ihr die gern auch euren Freunden weitergeben, brennen, rippen, mailen, was-auch-immer dürft.</p><p>Die Künstler hätten wohl das geringste Problem, weniger mit ihren konservierten Werken als mit der echtzeitlichen Darbietung zu verdienen. Und die, die das nicht wollen, könnten eben genausogut versuchen, ihre Kunst über die üblichen Wege und das Internet zu distribuieren. Ich bin sogar relativ sicher, dass die meisten Kunst- und Kulturschaffenden keine großen Bauchschmerzen damit haben, wenn andere sie zittieren und remixen. Jeder, der das ernsthaft und mit einem (auch vermarktbaren) Mindestqualitätsanspruch tut, hat ohnenhin so großen Respekt vor dem Original, dass es das Mindeste ist, auf dieses zu verweisen.</p><p>Was allerdings auch passieren müsste - und da habe ich im Deutschlandfunk letztens ein zwar nicht mehr auffindbares, aber zwingend untertützenswertes Statement gehört -, den Menschen müsste es ermöglicht werden, Kultur so zu vergüten, dass sie als Konsumenten darüber entscheiden, was welchen Wert zuerkannt bekommt. Nicht nur - wie bereits angesprochen - muss ihnen die Möglichkeit gegeben werden, Kultur zu &quot;lernen&quot;, sie müssen auch finanziell so abgesichert sein, &quot;ohne Nöte&quot; sich der Kultur zu widmen und für diese zu bezahlen, die sie für die ansprechenste Auseinandersetzung mit dem Jetzt und dem Hier und dem ganzen Rest erachten.</p><p>Ein romatischeres Argument für das bedingungslose Grundeinkommen habe ich bisher noch nicht gehört.</p></html>